Baumarten

Stiel-Eiche

(Quercus robur)

Die allermeisten "Dorfeichen“ und andere angepflanzte Eichen außerhalb der Wälder gehören zu dieser Art. Von der nahe verwandten Trauben-Eiche unterscheidet sich die Stiel-Eiche vor allem durch die Früchte, die einzeln oder zu zweit an längeren Stielen sitzen. Die Blätter sind eher geigenförmig und relativ grob gelappt. Am Grund der kurz gestielten Blätter befinden sich deutliche Ausbuchtungen ("Öhrchen“). Auch sind die Äste deutlich kräftiger und knorriger als bei der Trauben-Eiche, was aber auch von den Wuchsbedingungen der einzelnen Bäume abhängt.

Die Stiel-Eiche hat geringere Nährstoff- und Temperatur-Ansprüche als die Trauben-Eiche und kommt im Erzgebirge bis etwa 800 m ü. NN vor [11]. Dabei kommt sie auch an feuchteren Standorten vor, erträgt auch längere Überschwemmungen, z.B. in Auenwäldern, und wächst auch auf armen und stark sauren Böden. Sie gehört zu den langlebigen Baumarten mit einer Lebenserwartung von bis zu 800, wohl auch 1000 Jahren. Sie erreicht dabei maximal 40, angeblich auch 50 m Höhe [1], wobei freistehende Bäume meistens viel niedriger bleiben, mit kürzerem Stamm und tief ansetzender, weit ausladender Krone.

Gegenüber Trockenheit sind Stiel-Eichen weitaus empfindlicher als die Trauben-Eiche, und reagieren z.B. auf Grundwasser-Absenkung mit Wipfeldürre [2]. Eine besondere Herausforderung ist auch die natürliche Verjüngung, da Eichen sehr stark verbissen werden und in der Konkurrenz gegenüber anderen Laubbaumarten (und vielen krautigen Pflanzen) schon als junge Bäumchen unterliegen. So sind in vielen – auch geschützten – Eichenmischwäldern erhebliche waldbauliche Eingriffe notwendig, um den Eichenanteil dauerhaft zu sichern und den Nachwuchs der Alt-Eichen überhaupt zu ermöglichen [12]. In lichten Kiefernforsten können sich Stiel-Eichen hingegen – unterstützt durch den Eichelhäher, der die Samen im Boden als Winter-Vorrat vergräbt – besser etablieren. Hier spielt die Stiel-Eiche auch eine wichtige Rolle beim ökologischen Waldumbau [11].

Tatsächlich wurden Eichen schon sehr früh durch den Menschen gefördert. Ob nun als Balken im Hausbau oder als Schiffsplanken, Gerberlohe (aus der Rinde) oder die Eicheln für die Schweinemast – Eicheln waren sehr begehrt. Sie wurden durch frühere Waldnutzung noch viel stärker gefördert als heute – oft zu Lasten der Buche, die sonst auf großer Fläche vorherrschend war. Auch vor Jahrhunderten wurden Eichen schon planmäßig gepflanzt [7]. Bei der Verwendung außerhalb des Waldes – ob nun als Friedenseichen nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 [5], als Charakterbäume in historischen Landschaftsgärten, oder sogar als geschenkte "Hitlereichen“ für Olympia-Sieger im Jahr 1936 [3] – fast immer fanden Stiel-Eichen Verwendung. Auch als offenbar von manchen nicht gewollte Gedenkbäume in Rostock-Lichtenhagen [4]. Das mag sich zukünftig ändern, da die Trauben-Eiche eine deutliche höhere Trocken-Resistenz zeigt [10] und daher viel stärker verwendet werden wird. Nach mancher Ansicht ist sie ohnehin die ästhetisch wertvollere Art [8].

Aber gerade die Uralt-Eichen, unter denen noch sehr viele Stiel-Eichen vertreten sind, sind sowohl beeindruckende Baumdenkmale wie auch für die Biodiversität unverzichtbar. So bieten sie viele Mikrohabitate, z.B. Höhlen, die sich bei Eichen erst im höheren Alter bilden, aber dann umso länger bestehen bleiben [6, 9]. Daran gebunden sind viele Spezialisten, darunter z.B. viele holzbewohnende Käfer [6], von denen ein großer Teil fast ausschließlich an alten und zerfallenden Eichen vorkommt. Eichen beherbergen überhaupt sehr artenreiche Insektengemeinschaften, von denen der größte Teil den meisten Beobachter*innen aber verborgen bleibt, und von denen nur ein kleiner Anteil "schädlich“ [1] ist. Aber auch viele größere Tiere finden sich an Eichen, darunter wiederum viele Höhlenbewohner wie Spechte und ihre "Folge-Mieter“ (z.B. Fledermäuse, kleinere Singvögel, Bilche).

Quellen:

[1] Aas, G. 2002. Quercus robur L., 1753. – Enzyklopädie der Holzgewächse III-2, 30. Erg.Lfg. 12/02: 1-14.

[2] https://www.klimawandel-rlp.de/de/klimawandelfolgen/wald/heimische-baumarten/stieleiche/klimawandelrelevante-faktoren/ - letzter Zugriff: 5.11.2023

[3] https://www.spiegel.de/geschichte/hitlers-olympia-eichen-von-1936-a-953275.html – letzter Zugriff: 6.11.2023

[4] https://taz.de/Friedenseiche-in-Lichtenhagen-abgesaegt/!5085336/ - letzter Zugriff: 6.11.2023

[5] Koch, J. 2013. Von Helden und Opfern: Kulturgeschichte des deutschen Kriegsgedenkens. – Darmstadt: 204 S.

[6] Kratochwil, A. & Schwabe, A. 2001. Ökologie der Lebensgemeinschaften. – Stuttgart: 756 S.

[7] Marx, U. & Dittrich, S. 2021. Von Hude-Eichen und Eichenbindern. – Söltjer 46: 59-66. 

[8] Mitchell, A., Wilkinson, J. 1997. Pareys Buch der Bäume. 3. Aufl. – Berlin, Wien: 271 S. 

[9] Ranius, T., Niklasson, M. & Berg, N. 2009. Development of tree hollows in pedunculate oak (Quercus robur). – Forest Ecology and Management 257: 303-310.

[10] Roloff, A. Hg. 2021. Trockenstress bei Bäumen. – Wiebelsheim: 288 S.

[11] Schmidt, P.A. & Klausnitzer, U. 2001. Die Baum- und Straucharten Sachsens – Charakterisierung und Verbreitung als Grundlagen der Generhaltung. – Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Forsten 24: 1-106.

[12] Ssymank, A. 2016. Biodiversität und Naturschutz in Eichen-Lebensraumtypen. – AFZ-Der Wald 20/2016: 10-13.

Ergebnisse

Nr. Name Art Gemeinde Gemeindeteil Baumpate

M Mikrohabitat

Bild: Sebastian Dittrich